Nach den Wahlen: Den Kampf gegen Rassismus organisieren!

Der September war der letzte Wahlmonat dieses Jahres, somit eine Wasserstandsmeldung für das Bundestagswahljahr 2017. In Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Berlin fanden im Wochentakt zu Landtags-, Kommunal- und Abgeordnetenhauswahlen statt. Hierbei ist ein eindeutiger Wahlsieger zu erkennen – die AfD. Aber bevor wir ausführlicher auf die Aussagen die diese drei Wahlen gegeben haben eingehen können, hier nochmal die Zahlen:

In Mecklenburg-Vorpommern fand die Wahl am 4. September statt. Hierbei schafften es vier Parteien in den Landtag. Als stärkste Kraft zieht dort die SPD mit 30,6% ein, das bedeutet einen Verlust von 5%-Punkten zur vorherigen Wahl. Die AfD schafft es hier beim ersten Wahlantritt sofort auf den zweiten Platz mit 20,8%. Die CDU danach mit 19%, das sind 4% weniger als 2011. Und als vierte Kraft die Linkspartei mit 13,2%, somit 5,2% weniger. Die NPD, zuletzt genannt, verpasst den Einzug ins Parlament. Bei 3% und einem Stimmenverlust von ebenfalls 3% verliert die NPD nicht nur die Hälfte ihrer Stimmen vermutlich an die AfD, sondern auch ihren letzten Sitz in einem Landtag. Insgesamt kam es hier zu einer Zunahme der Wahlbeteiligung von 51,5% im Jahr 2011 zu 61,6%.

Am 11. September wurde in Niedersachsen gewählt. Auch hier kam es zu einer leichten Zunahme der Wahlbeteiligung von 52,5% auf 55,5%. Auf Platz ein liegt hier die CDU mit 34,4%, 2,6% weniger als 2011. Die SPD auf Platz 2 mit 31,2%, 3,7% weniger. Weit dahinter kommen die Grünen mit 10,9%, das ist ein Minus von 3,4% und die AfD mit 7,8%. Die Partei die Linke schließt mit 3,3% ab, somit 0,9% Zugewinn.

Am vergangenen Sonntag, dem 18. September wurde, dann auch in Berlin gewählt. Hier zeigt sich am drastischsten die Zerfaserung des Parteienwesens. Die SPD bleibt stärkste Kraft mit schwachen 21,6% (-6,7%). Der WDR-Moderator Jörg Schönenborn gab dazu bekannt: „Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hat eine stärkste Partei so wenig Prozentpunkte erhalten wie die SPD mit 23%.“ Auf Platz zwei folgt die CDU, die nachdem sich die Grünen als effektivere „Law and Order“-Partei herausstellten, ihr bisher schwächstes Wahlergebnis hervorgebracht habt mit 17,6% (-5,7%). Danach kommt die Linkspartei mit 15,6% (+3,9%), die Grünen mit 15,2% (-2,4%). Die AfD schafft es auch hier auf 14,2%. Und selbst die FDP bleibt uns nicht erspart, sondern kommt auf 6,7% (+4,9%). Kleine Anmerkung am Rande: Die Piratenpartei hat es hierbei in die falsche Urne geschafft. Mit 1,7% Punkten und einem Minus von 7,2% zur Vorwahl hat diese Partei einen recht unrühmlichen Platz auf dem Scheiterhaufen der Geschichte reserviert. Auch hier ist ein Anstieg bei der Wahlbeteiligung zu verzeichnen. Von 60,2% in 2011 zu 66,9%.

Was drücken die Wahlergebnisse aus?

Diese drei Wahlen zeigen uns eines sehr direkt! Die neue Qualität der rassistischen Bewegung beginnt Ausmaße anzunehmen, die sich hier deutlich in den Wahlergebnissen widerspiegeln. Wir haben es mit einer deutlichen Verschiebung des Kräfteverhältnisses im ideologischen Klassenkampf zu tun, das sich auch auf die Einflussspielräume von kleinen linken Gruppen auswirken kann. So haben die bürgerlichen Arbeiter_Innenparteien SPD und die Linke in den drei Wahlen gemeinsam im Durchschnitt circa 5,26%-Punkte pro Bundesland verloren. Während es die AfD im Durchschnitt auf ein Plus von 14,26% schaffte. Diese Verschiebung zeigt sich auch deutlich in der Wähler_Innenwanderungen.

Dies ist kein Zufall. So ist die AfD eine Ausgeburt der seit 2007/08 andauernden historischen Krise des kapitalistischen Weltsystems. In Zuge dessen die Verdrängungsängste zum Einen in den sogenannten mittelständischen Schichten des Bürgertums zunehmen. So traten weite Teile der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU aus dieser Partei aus, da sie ihre Interessen nicht mehr ausreichend von der historisch gewachsenen führenden Partei der Bourgeoisie vertreten sahen. Die AfD gab ihnen hierbei Wahlversprechen die ihnen eine Politik nationaler Schutzzölle vor internationalen Monopolkonzernen bieten sollte. Zum Anderen fischte sie auf in den vom Abstieg bedrohten Schichten des Kleinbürger_Innentums und den ärmsten Schichten der Arbeiter_Innenklasse über rassistische Hetze. Mit den reaktionärsten Wahlversprechen zur gewaltsamen Lösung der sogenannten Geflüchtetenkrise, wie mit Schießbefehlen an Grenzen.

Hierbei haben wir es jedoch nicht nur mit einer Zerfaserung der Parteienlandschaft unter den bürgerlichen Parteien zu tun. Nein. Auch die bürgerlichen Arbeiter_Innenparteien wie SPD und die Linke haben stark eingebüßt. Bürgerliche Arbeiter_Innenparteien sind dabei jene die sich in ihrer Politik hinter das Privateigentum an Produktionsmitteln und somit hinter das kapitalistische System stellen, in ihrer Zusammensetzung jedoch mehrheitlich aus Arbeiter_Innen bestehen, die zum Teil auch eine gute betriebliche und gewerkschaftliche Verankerung aufweisen. Sie sind somit der organische Ausdruck der sogenannten Arbeiter_Innenaristrokratie. Dies hat gleich mehrere Gründe. Zum einen haben wir es in Deutschland mit einem schleichenden beziehungsweise verzögerten Einbruch der internationalen Krise zu tun. Dies liegt zum einen an den frühen Angriffen auf die Arbeiter_Innen mit der Einführung der Agenda 2010 im Jahr 2003. Hierbei fanden massive Angriffe auf soziale Errungenschaften durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters, der Ausweitung der Leiharbeit und der Einführung der Hartz-Gesetze statt. Ebenfalls wurde zu Beginn der Krise versucht eben jene Krisenlasten auf die inner-europäischen Halbkolonien, wie Griechenland, abzuwälzen, während die BRD mit Exportüberschüssen glänzte. In Zuge dessen haben wir europaweit aufstrebende rechte Bewegungen gehabt. Mit der Geflüchtetenkrise zeigte sich eben jener internationaler Charakter der Krise nochmals deutlich. Zum anderen haben wir es im Zuge der Agenda-Gesetze und der Krise mit einer Verschiebung innerhalb der Klasse der Lohnabhängigen zu tun. Mit einer zunehmenden Deklassierung. Folge dessen war ein Anstieg der parlamentarisch-unterrepräsentierten Teile der Klasse. Jene für die keine Zugeständnisse über das Modell der Sozialpartner_Innenschaft und durch Reformen im Zuge der Krise möglich sind. Da soziale Verelendung nicht automatisch das Bewusstsein nach links treibt, sind viele in die Arme rechter Rattenfänger_Innen gelaufen. Somit ist die aktuelle Stärke der AfD ebenfalls Ausdruck des Fehlens einer revolutionären Führung der Arbeiter_Innen.

Deutlich zeigt sich dieses Problem nochmal anhand der Geflüchtetenkrise: Die SPD war an der regelmäßigen Asylrechtsverschärfung beteiligt, über ihre Regierungsbeteiligung und die fehlenden Mobilisierungen in den Gewerkschaften. Die Linke hat, da wo sie an der Regierung ist, ähnliches getan. Ebenfalls ist sie im inneren stark gespalten in der Frage des Kampfes gegen Rassismus. Hier sammelt sich eine Palette von Positionen. So wollen die einen mehr auf die AfD-Wähler_Innen zugehen, die anderen die Einheit der Demokrat_Innen und wiederum andere eine hauptsächliche Rückkehr auf die soziale Frage, da sie Rassismus als reines Folgeproblem verstehen. (Hier mehr dazu: http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/reaktionen-zum-afd-wahlsieg-wohin-geht-die-linkspartei/)

Nicht nur wählen, sondern den antirassistischen Kampf organisieren!

In den Wahlen haben wir zur kritischen Wahlunterstützung der Linken aufgerufen. Da wir die Kampfbedingungen unter einer bürgerlichen Arbeiter_Innenregierung für die Klasse für besser gegeben ansehen und uns im sich hierbei ausdrückenden Kräfteverhältnis nicht enthalten. Ebenfalls zwingt die Regierungsmacht eben jene Parteien, die wir als falsche Führung der Klasse ansehen, ihre Forderungen umzusetzen, um somit ihre klassenversöhnlicherische Politik zu entlarven. Ebenfalls erleichtert sich hierbei die Aufforderung nach einem gemeinsamen Kampf, da rund um Wahlen eine Steigerung von politischen Interesse erkennbar ist. Diese hat sich deutlich im allgemeinen Anstieg der Wahlbeteiligung ausgedrückt, leider nicht immer zum „Guten“!

Die Notwendigkeit zeigt sich hierzu deutlicher denn je! Was wir brauchen ist eine antirassistische Einheitsfront, eine gemeinsamen Mobilisierung aller Kräfte die sich auf die Arbeiter_Innen, Jugend, Migrant_Innen und gesellschaftlich unterdrückten Kräfte stützen. Solch eine Mobilisierung bietet eine kämpferische Perspektive gegen die AfD, den aufkommenden Rassismus und die Auswirkung der anhaltenden Krise über den Gang zur Wahlurne hinaus.

Am Donnerstag, dem 29. September wollen wir eben solch eine Perspektive beim bundesweit stattfindenden antirassistischen Schulstreik-Aktionstag des Bündnisses Jugend gegen Rassismus, von dem wir eine Mitgliedsorganisation sind, bieten. Also kommt mit uns auf die Straße und organisiert euch mit uns im Kampf gegen die neue rechte Bewegung!

VON WILHELM SCHULZ

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