HogeSa, PEGIDA, KAGIDA…viele rassistische Gesichter

Links am Transparent, PEGIDA-Anführer Lutz Bachmann: Moralapostel gegen den Verfall der Werte des Abendlandes - Kokain-Handel, Einbrüche rund um Dresden und Verweigerung der Unterhaltszahlung. Vor einer mehrjährignen Haftstrafe floh er nach Südafrika, wurde jedoch wieder nach Deutschland abgeschoben

Wenn wir gegen Ende des Jahres 2014 auf die Straße gingen, so war und ist noch heute ein häufiger werdender Grund das Stoppen von allerlei Nazis, Rassisten, Islamfeinden, „Bürgerprotesten“ und Asylgegnern, welche mitunter tief aus der bürgerlichen Mitte kommen. In Köln versammelten sich am 26.10. bis zu 5000 Nazis und rechte Hools um gegen „Salafistenschweine“ zu protestieren, zu randalieren und um Passanten zu bedrohen – die Polizei ging kaum dagegen vor, war sowieso unterbesetzt, obwohl im Voraus bekannt war, was da auf Köln zukommt. Auch die Linke fehlte an jenem Tag.

Mit der HogeSa-Bewegung hängt personell die „bürgerfreundliche“ Bewegung zusammen, die von PEGIDA („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) in Dresden ausging, wo sich bereits bis zu 17500 (Stand: 22.12.14) Rassisten und „Wutbürger“ an Montagsdemos beteiligten – Tendenz stark steigend.

Ähnliches spielt sich u.a. in Kassel (KAGIDA), Bonn (BOGIDA), Leipzig (LEGIDA) ab. Auch in Berliner Stadtteilen wie Marzahn und Hellersdorf protestieren rechte Bürgerbewegungen zusammen mit Nazis gegen Asylbewerber_Innenheime. Im fränkischen Vorra wurden Flüchtlingsheime am 11.12. sogar in Brand gesteckt und mit Hakenkreuzen beschmiert; zu diesem Zeitpunkt waren sie zum Glück noch unbewohnt.

 

Von Nazis, rechten Hools und rassistischen Bürgern

 

Hogesa

HoGeSa-Demo in Köln: Links zu sehen die Bühne der rechten Hooligan-Band Kategorie C, links von der Laterne in der Mitte, die Fahne der German Defence League

2013 gründete sich HogeSa als loses Netzwerk mit einem Internetforum, über das zu Beginn erst mal geklärt wurde auf welcher Welle der Angst man eigentlich surfen möchte. Man entschied sich bekanntermaßen für die fundamentalistischen Salafisten. Seit Ende letzten Jahres kam es immer wieder zu teilweise gewalttätigen Störungen salafistischer Demos oder Veranstaltungen in Baden-Württemberg. Die Aktion in Köln stellte die erste nicht lokale Mobilisierung dar.

Kurz nach dem Erfolg der Rechten in Köln kam es zu massiven Streitereien und diversen Spaltungen in der Führung der Bewegung. Die Hamburger Hooligans distanzieren sich von Parteien wie NPD und Die Freiheit, weil sie (in ihnen) keine parlamentarische Perspektive für eine rechte Bewegung sehen. Generell darf man sich HogeSa aber auch nicht als Organisation vorstellen, sondern als loses Netzwerk, dessen Grundkonsens über „gegen Salafisten“ auch nicht groß hinausgeht.

 

Mit diesem Grundkonsens konnte man zudem – auch wegen des gewalttätigen Auftretens in Köln – keinen breiten Anklang bis in die Mitte der Gesellschaft finden. Das klappt umso besser, da Nazis, Burschis und rechten Hools nun im PEGIDA-Becken rassistischer, nationalistischer Bürger nicht nur mit schwimmen, sondern GIDA-Aktionen auch selbst initiieren. Auf die Weise finden sie Anklang bis tief in die bürgerliche Mitte.

Grundkonsens ist der Kampf gegen die vermeintlichen Bedrohungen „Asylflut“, „islamistischer Terror“, „Überfremdung“ und Antifaschismus, etc., was selbstverständlich jede wissenschaftliche Analyse ausschließt, seien es die Ursachen von Flucht oder die Berücksichtigung der Tatsache, dass Migrant_Innen mehr in das Sozialsystem einzahlen als sie daraus beziehen.

 

Der Salafismus, welchen PEGIDA und Co. vorgeben zu bekämpfen, wird erst gar nicht analysiert und man belässt es bei vorurteilbehafteter, oberflächlicher Hetze. Für eine fortschschrittliche Arbeiter_Innenbewegung stellt religiöser Fanatismus eine Gefahr da, die es zu beachten gilt – aber fundiert und differenziert. Der Salafismus ist eine klerikale, erzreaktionäre, fundamentalistische Strömung innerhalb des Islamismus. Er wirbt auch in Deutschland junge Menschen für den Islamismus und indirekt für den IS an, welche oft ausgegrenzt und sozial stark benachteiligt sind. Mehr zu diesem Thema findest du hier: http://www.onesolutionrevolution.de/international/grundlage-zum-islamismus-klerikal-reaktionaer-und-arbeiter_innenfeindlich/

Bei PEGIDA wird diese auf jeden Fall zu bekämpfende Ideologie des Islamismus aber lediglich zum islamfeindlichen Vehikel für die eigene, reaktionäre Ideologie und oft wird der Islam als Religion mit dem Terror des Islamismus gleichgesetzt. Es stellt ihre Möglichkeit da, bürgerliche Ressentiments auf einen Haufen zu werden und den Kampf der Kulturen, manche sprechen bereits von Völkern, zu beschwören. Was haben jedoch asylsuchende Menschen mit Islamismus zu tun? Wieso wird die kurdische Gruppe PKK, deren Mitglieder offen gegen den IS kämpfen, verunglimpft? Warum wird die antifaschistische Bewegung als Feind dargestellt? – In diesem Zusammenhang ist das in den Müll fliegende Hakenkreuz nur noch als Farce zu betrachten!

Links am Transparent, PEGIDA-Anführer Lutz Bachmann: Moralapostel gegen den Verfall der Werte des Abendlandes - Kokain-Handel, Einbrüche rund um Dresden und Verweigerung der Unterhaltszahlung. Vor einer mehrjährignen Haftstrafe floh er nach Südafrika, wurde jedoch wieder nach Deutschland abgeschoben

Links am Transparent, PEGIDA-Anführer Lutz Bachmann: Moralapostel gegen den Verfall der Werte des Abendlandes – Kokain-Handel, Einbrüche rund um Dresden und Verweigerung der Unterhaltszahlung stehen in seiner Akte. Vor einer mehrjährignen Haftstrafe floh er nach Südafrika, wurde jedoch wieder nach Deutschland abgeschoben

Wir setzten diesen reaktionären Ideologien – sei es der Rassismus der Nazis, Hools und „Wutbürger“ oder der klerikale Salafismus – eine Klassenanalyse entgegen:

Für uns sind diese Bewegungen Teil der kapitalistischen Klassengesellschaft und Ausdruck der darin stattfindenden Klassenkämpfe. Die Krise des Kapitalismus geht mit staatlichem und medialem Rassismus und Nationalismus („Wir sind Exportweltmeister“) zur Ablenkung von der eigentlichen Krisenursache und zur Spaltung der Unterdrückten einher.

Als soziale Basis des Rechtsrucks sind zum einen Teile des vom sozialen Abstieg bedrohten Kleinbürgertums und Mittelstandes zu nennen. Diese Gruppe aus Selbstständigen, Kleinunternehmern und Händlern werden zwar nicht mittels Lohnarbeit ausgebeutet – im Gegenteil, teilweise finden sich hier auch mittlere Kapitalisten, welche selbst ausbeuten – jedoch sind sie abhängig vom Großkapital und gleichzeitig von diesem bedroht. Wenn diese Schicht in der Krise ihren sozialen Stand wahren will, so würde sie das vielleicht gerne zu Lasten des Großkapitals tun, da dieses aber ökonomisch zu mächtig ist, kann das nur über den Rücken der Lohnabhängigen geschehen. Teile dieser Schicht brechen unter dem ökonomischen Druck nach rechts aus und suchen nach einem „Grund“ für ihre bedrohliche Lage, welcher hier in einer angeblichen „Asylflut“ und „Islamisierung“ gefunden wurde.

Hinzu kommen untere Schichten der Arbeiter_Innenklasse, welche unter zunehmender sozialer Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, Prekarisierung und Perspektivlosigkeit leiden. Oft sind diese Gruppierungen auch nicht gewerkschaftlich organisiert und haben durch einen schlechten sozialen Stand, in welchen sie geboren wurden und welcher mit schlechtem Zugang zu Bildung weitergegeben wird, eine hohe Anfälligkeit für einfache Feindbilder, wie sie beim rechten Spektrum zu finden sind.

Die sozialen und ökonomischen Umstände der Krise schaffen den Raum für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und damit für die Aufnahme der oben genannten Hetze. Letztlich gehen Menschen hauptsächlich dieser Schichten unter dem Banner der Reaktion auf die Straße, PEGIDA wurde geboren.

Das Positionspapier PEGIDA’s ist teilweise den Leitlinien der AfD ähnlich. Natürlich gibt man sich hier freundlich, auch wenn selbst da Rassismus und Sexismus auffindbar ist.

Ganz davon abgesehen besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen den Phrasen des Positionspapiers (demokratisch abgestimmt wurde es innerhalb der Bewegung wohl ohnehin nicht) und dem, was an den PEGIDA-Montagen von sich gegeben wird, was selbst bürgerliche Meinungen mittlerweile als Volksverhetzung ansehen.

Wohin geht die Reise im braunen Zug?

Was passieren kann, wenn rechte Hool-Gruppierungen, Faschisten und Nationalisten Anklang in der bürgerlichen Mitte finden und erfolgreich in politische Bewegungen eingreifen, zeigt das Beispiel der Ukraine, wo große Teile der Neonazis und der
faschistischen Milizen als Hools in den Fußballstadien entstanden sind und bei den Maidan-Protesten die Massen anführten. Heute ist der dortige Staatsapparat, vor allem Geheimdienst, Polizei und Militär massiv von Faschisten durchsetzt. Sie können ungestraft gegen Minderheiten, Linke und die Bevölkerung der Ostukraine vorgehen und morden.

Die aktuelle PEGIDA – Bewegung kann die Keimzelle für genau eine solche, brandgefährliche, womöglich faschistische Bewegung werden, was zum einen davon abhängt, wie sehr sich die Krise und globalen Konflikte auf die soziale Basis der Bewegung auswirken und zum anderen, wie gut faschistische Gruppierungen in der Bewegung Fuß fassen und Gehör finden.

Im Moment scheinen die Faschos zumindest alles auf diese Karte zu setzten. Waren sie in den letzten Jahren von bürgerlichen Gefilden eher noch isoliert, so können sie sich nun scheinbar ohne Probleme in solchen bewegen.

Ausdruck davon ist auch die wahrscheinliche Taktik der Nazis beim Aufmarsch am 17. Januar in Magdeburg. Der bisherige Anmelder Andy Knape – Ex-Mitglied des NPD und JN-Vorstandes – hat bisher noch keinen Aufmarsch angemeldet und versucht sich auf einem bürgerlichen Weg. Es ist wahrscheinlich, dass anstelle eines Aufmarsches MAGIDA dessen Platz einnimmt.

In dieser Bewegung besteht außerdem die Gefahr, dass die Rechten ihre zuletzt sie selbst schwächende Führungsfrage lösen können und eine Leitfigur etablieren. Infrage kommen hierfür die Partei die RECHTE, welche Verbindungen zu rechten Hooligan-Strukturen aufweist und der NPD zusehends die Basis abgräbt. Für den bürgerlich geprägten Rassisten bietet sich die AfD als Partei an, welche ebenfalls tief in der PEGIDA-Bewegung verankert ist und diese mit anführt. Mehr zur AfD findest du hier: http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/rechtsruck-der-aufstieg-der-afd-und-das-versagen-der-linken-wo-ist-die-alternative/

Verhalten der Parteien und des Staates

Von Seiten der etablierten Parteien kommen unterschiedliche Reaktionen auf PEGIDA.

Die CDU / CSU reagiert letztlich so, wie es sich wahrscheinlich große Teile der von ihr zur AfD Übergelaufenen erhofft haben: Sie „nimmt die berechtigten Ängste [von PEGIDA] ernst“ und auch in der Praxis schürt sie weiter rassistische Beschlüsse.

Kritik, Warnung und Distanz bezüglich PEGIDA kommt sowohl von den Grünen, als auch der SPD, gleichzeitig setzt man dem aber nichts entgegen, sondern trägt rassistische Beschlüsse wie Abschiebeerleichterungen oder die Spaltung des Berliner Flüchtlingsprotestes mit.

Von der LINKEN-Spitze kommt ebenfalls kein Aufruf zu Gegenprotesten. Von Teilen der Basis hingegen regt sich praktische Gegenwehr, auch wenn diese oft nicht über Gegendemos hinauskommt und schon gar nicht die Frage antifaschistischer Organiserung stellt.

Auf den Staatsapparat selbst dürfen wir schon gar nicht hoffen, prügelt die Polizei doch seit Jahren Naziaufmärschen den Weg frei, greift dabei linke Demos an und kesselt sie, Beispiel Blockupy 2013 in Frankfurt.

Derweil geht auch das mediale, islamophobe, latente Aufbauen einer „Islamisierungs-Gefahr“ – vor allem bei BILD und Co. – munter weiter.

Was tun?

Trotz der insgesamt betrachteten, zunehmenden Gegenwehr seitens von Linken und Antifaschist_Innen (u.a. erfolgreiche Blockade gegen KAGIDA, zahlenmäßige Überlegenheit des Gegenprotestes gegen BOGIDA,..), steckt diese noch immer tief in der organisatorischen Krise. Dem wollen wir entgegenwirken. Wir wollen nicht den ewigen, perspektivlosen, letztlich oft selbstdarstellerischen Kampf von autonomen Antifas fortführen. Wir wollen einen antifaschistischen Kampf unter einem revolutionären Programm und eine Organisation, die dieses versucht umzusetzen. Wir müssen uns jetzt die Frage der Organisierung gegen das Kapital und seine Angriffe stellen, denn eine Zuspitzung der Krise ist sicher – darauf gilt es sich international vorzubereiten, weswegen wir uns aktiv am Aufbau einer neuen antikapitalistischen Organisation (www.nao-prozess.de) beteiligen.

Gefragt sind nun zum einen – speziell zur Bekämpfung rechter Fangruppierungen – linke Fußballstrukturen und Fanprojekte, die bereits gute Aufklärungsversuche geliefert haben und seit Jahren auf die häufigeren rechtsextrem motivierten Gewalttaten hinweisen. Viele Fans haben die rechten Bewegungen und die Unterwanderungsversuche z.B. der Kameradschaften im Ruhrgebiet, systematisch ignoriert und /oder verharmlost. Doch gerade in den Stadien, dort wo viele Menschen auf einem Fleck sind, ist antifaschistischer und antirassistischer Protest genau richtig platziert und effektiv.

10848053_361594347346606_8578297802262986520_nZum anderen kann man Faschist_Innen nicht nur mit Worten bekämpfen. Man muss aktiv gegen sie demonstrieren. Es braucht unserer Meinung nach Selbstschutz vor rechten Übergriffen im Bezirk. Wir wollen mit Schüler_Innen und Jugendlichen, aber auch Anwohner_Innen und Beschäftigen solche Komitees aufbauen, die sich vor Ort gegen rechte Gewalt stellen, über Rassismus und Flucht aufklären und gegen die Nazis mobilisieren.

Außerdem wollen wir eine Kultur des Willkommens für die Geflüchteten herstellen – auch indem wir sie mehr in politische Kämpfe einbinden, ihren Kampf unterstützen und diesen in eine revolutionäre Perspektive einbetten.

Es geht also darum den sozialen Protest zu organisieren, sowohl gegen die Lagerunterbringung der Geflüchteten, als auch gegen Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und soziale Ausgrenzung. So könnte der antirassistische Kampf in einen sozialen, revolutionären Kampf übergehen, welcher den Menschen, wie z.B. jenen in Berlins Außenbezirken, eine richtige Alternative zeigt und zudem der rassistischen Spaltung der Arbeiter_Innenklasse entgegenwirkt.

Wir sind für:

  • den Aufbau antirassistischer / antifaschistischer Komitees in den Bezirken und Vierteln, auf Dörfern, an Schulen und Unis und in den Betrieben und Industrien, welche massenhafte, militante Selbstverteidigung organisieren! Lasst uns Hoyerswerda, Lichtenhagen und jüngst Vorra nie wieder sein lassen!
  • die Einheitsfront von antifaschistischen Ultras, Linken, Unterdrückten, Arbeiter_Innen und damit eine von revolutionären und reformistischen Organisationen, Gewerkschaften und Parteien mit Bezug zur Arbeiter_Innenklasse! Hierbei sollen einfache Absprachen über konkrete Aktionen – z.B. Blockaden – gegen Nazis, PEGIDA,… getroffen werden, frei von irgendwelchen politischen Bedingungen und Kompromissen.

Beteiligt euch an Demonstrationen und Blockaden gegen Nazis und Rassisten!

  • Fahrt am 30.1. 2015 nach Wien um mit unseren dortigen Genoss_Innen den WKR-Ball von rechten Burschenschaftlern zu verhindern!

 

Weitere Infos auf www.onesolutionrevolution.de und www.onesolutionrevolution.at

 

 

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda

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