Bericht: Demonstration in Palästina gegen die "Sicherheitskooperation"

In Ramallah, der inoffiziellen Hauptstadt der palästinensischen Autonomiegebiete, fand gestern Nachmittag eine Demonstration von ca. 400 Menschen gegen die sogenannte „Sicherheitskooperation“ zwischen der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) und dem israelischen Staat statt. Der lautstarke Demonstrationszug zog einmal durch die größten Straßen der Innenstadt von Ramallah und bekam durch die Präsenz von einigen Dutzend bewaffneten palästinensischen Sicherheitskräften zu verstehen, dass ein Vordringen ins Regierungsviertel nicht erwünscht sei. Auffallend war zudem die hohe Beteiligung junger Frauen als auch das Verbot von Organisations- und Parteifahnen. Ziel dessen war der Schutz von Einzelaktivist_Innen, die nicht öffentlich durch das Zeigen ihrer Parteizugehörigkeit für die Repressionsorgane geoutet werden sollten.


Anlass der Demonstration war der Tod des parteilosen palästinensischen Aktivisten Basel al-Araj, der vor ca. einer Woche durch einen israelischen Spezialtrupp in seiner Wohnung in Ramallah ermordet wurde. Der populäre Gegner der palästinensischen Regierung und Vorsitzende einer Jugendorganisation wurde bereits im letzten Jahr für 5 Jahre von der palästinensischen Autonomiebehörde inhaftiert. Während seines Knastaufenthaltes protestierte er gegen Gewalt durch das Gefängnispersonal und schlechte Haftbedingungen mit einem 9-tägigen Hungerstreik. Nach seiner Freilassung versteckte er sich in einer Wohnung in Ramallah und wurde dort wegen angeblichen Waffenbesitzes und der angeblichen Planung von Anschlägen von israelischen Soldat_Innen erschossen, die gemäß des Oslo-Friedensabkommens eigentlich keine Ermächtigungsgewalt in den unter palästinensischer Verwaltung stehenden Zonen haben. Viele Palästinenser_Innen gehen davon aus, dass die Ermordung Arajs deshalb nur durch die „Sicherheits“kooperationsprogramme zwischen der PA und dem israelischen Staat möglich gewesen sei.


So ist die PA eine Institution, die aufgrund der sehr schwachen palästinensischen Wirtschaft nur durch ausländische Entwicklungshilfe aus der EU und den USA am Leben erhalten werden kann. Da das Hauptinteresse der EU und der USA die Sicherheit ihres Verbündeten Israel ist, binden sie ihre Zahlungen daran, dass die PA für „Ruhe und Ordnung“ in den palästinensischen Gebieten sorgt. Ein großer Teil der Zahlungen fließt deshalb ausschließlich in den palästinensischen Militär- und Polizeiapparat. Die PA unter Führung der konservativen Partei Fatah wird also dafür bezahlt, die palästinensische Bevölkerung ruhig zu halten und Aufstände gewaltsam zu unterdrücken. Dies hat sie zuletzt vor einigen Tagen bewiesen, als sie weitere Proteste gegen die „Sicherheitskooperation“ mit Tränengas und Gummigeschossen niederschlug und dabei sogar den Vater des ermordeten Arajs festnahm. Auch die massenhaften Proteste gegen den Gazakrieg 2014 fielen palästinensischer Polizeigewalt zum Opfer.
Die PA übernimmt somit immer mehr die Rolle einer Verwalterin der Besatzung und entwickelt sich zu einem autoritären Polizeistaat, der die Meinungs-, Presse- und Demonstrationsfreiheit unterdrückt und die israelische Besatzung zementiert.


Anstelle von Investitionen in das Bildungssystem oder die Infrastruktur wird ein Großteil des Geldes in den Sicherheitssektor gesteckt, was beispielsweise letztes Jahr tausende palästinensische Lehrer_Innen zu massenhaften Streik- und Protestaktionen veranlasste. Der Kampf gegen die israelische Besatzung und die verräterischen Bürokraten der PA bedarf dabei des Aufbaus einer säkularen multiethnischen Arbeiter_Innenpartei, die zusammen mit der Jugend für eine sozialistische Alternative im Nahen Osten kämpft!


Palästina Proteste Frauen

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